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Historischer Hintergrund


Die Ruswiler Erklärung

Die Ruswiler Erklärung vom 5. November 1840 – das erste katholisch-konservative „Parteiprogramm“ .

Am 5. November 1840 kommen  hier  im „Rössli“ rund 300 katholisch-konservative Gesinnungsfreunde zusammen, um ihre Forderungen für eine neue Verfassung zu formulieren. Die programmatischen Aussagen gehen als Ruswiler Erklärung in die Geschichte ein und gelten als erstes katholisch-konservatives Parteiprogramm. In der neuen Verfassung umgesetzt werden sollen die Garantie der römisch-katholischen Religion, die Garantie für eine katholische und vaterländische Erziehung, die Garantie der Souveränität des Volkes,  die Garantie für die Freiheit, das Recht und das Eigentum der Bürger oder Privaten, die Garantie für die Selbständigkeit von Korporationen und Gemeinden sowie die Garantie für einen einfachen Staatshaushalt. Die Ruswiler Erklärung führt zum Machtwechsel im Kanton Luzern und beendet die zehnjährige liberale Vorherrschaft. Gut ein Jahr später treffen sich  die Katholisch-Konservativen erneut im „Rössli“ und gründen den Ruswiler Verein, die Vorgängerorganisation der konservativen Partei und damit der heutigen CVP.

Jakob Gallus Baumgartner und Eduard Pfyffer

Jakob Gallus Baumgartner (1797-1869) und Eduard Pfyffer (1782-1834), Protagonisten der Badener Artikel (1832).

1832 verurteilt Papst Gregor XVI. in einer Enzyklika die moderne Kultur und Wissenschaft sowie die liberale Denkweise. Während sich die Bischöfe in der Schweiz den Weisungen des Papstes fügen, antworten  Liberale Abgeordnete aus den Kantonen Bern, Luzern, Solothurn, Baselland, Aargau, Thurgau und St. Gallen auf Anregung des  Luzerners Eduard Pfyffer (im Bild rechts) und des St. Gallers Jakob Gallus Baumgartner mit den so genannten Badener Artikeln. Sie verlangen die Schaffung eines Schweizer Erzbistums, die Einführung von Kirchensynoden, das Recht des Staates, kirchliche Erlasse zu genehmigen oder abzulehnen, die Zulassung konfessionell gemischter Ehen, eine Beschränkung der arbeitsfreien Festtage, kantonale Aufsicht über die Priesterseminare und Ordensgeistliche sowie die Besteuerung der Klöster. Die Badener Artikel werden im liberal dominierten Luzerner Parlament  gutgeheissen und werden nun zum grossen Zankapfel zwischen  Liberalen und Konservativen.  Gegen die Badener Artikel wendet sich auch die hier im „Rössli“ verfasste Ruswiler Erklärung. Als 1841 die Katholisch-Konservativen an die Macht kommen, werden die Badener Artikel im Kanton Luzern aufgehoben.

Niklaus Wolf von Rippertschwand

Niklaus Wolf von Rippertschwand (1756-1832), Ratgeber und Heiler mit religiösem Sendungsbewustsein.
Niklaus Wolf von Rippertschwand , der von 1756 bis 1832 in der Nachbargemeinde Neuenkirch lebt, nimmt mit seinem Wirken nachhaltigen Einfluss auf die Luzerner Politik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der fromme und charismatische Landwirt wendet sich gegen den von ihm als zutiefst antireligiös empfundenen liberalen Zeitgeist. Da er auf politischem Weg keinen Erfolg sieht, baut er sein Wirken auf das intensive Gebet auf. Er gründet an vielen Orten Gebetsvereine und erreicht insbesondere auch durch seine Heilskräfte einen grossen Bekanntheitsgrad. Nachhaltig ist sein Einfluss auf Josef Leu von Ebersol, die Leitfigur der katholisch-konservativen Bewegung. Nach Niklaus Wolfs Tod werden die über den Kanton verstreuten Gebetsgruppen zur Bruderschaft zur Belebung und Bewahrung des Glaubens zusammengefasst. Im Andenken an das Wirken von Niklaus Wolf findet in Neuenkirch neben Vater-Wolf-Abenden alljährlich das Glaubensfest statt, zu dem jeweils eine zahlreiche Pilgerschaft zusammentrifft. Seit längerer Zeit läuft zudem ein Seligsprechungsprozess für Niklaus Wolf.

Bruderschaft

Bruderschaft zur Bewahrung und Belebung des Glaubens, das Fundament des Ruswiler Vereins.
Die Bruderschaft zur Bewahrung und Belebung des Glaubens wird im Jahre 1832 im Andenken an den frommen Bauern Niklaus Wolf von Rippertschwand gegründet und erhält 1834 die bischöfliche Genehmigung. Die Regeln der Bruderschaft beinhalten neben einem tugend- und sittsamen Lebenswandel einen umfangreichen täglichen Gebetskatalog, wozu auch der Rosenkranz gehört. Die Mitglieder können bei Einhaltung der Vorschriften eine Reihe von Ablässen – also einen Erlass von Sündenstrafen – gewinnen. Einen vollkommenen Ablass verleiht Papst Gregor XVI. allen Mitgliedern am Tag der Aufnahme in die Bruderschaft. Die Mitgliedschaft in der Bruderschaft ist Voraussetzung für die Aufnahme in den hier im „Rössli“ im Jahre 1842 gegründeten Ruswiler Verein. Einer der einflussreichsten Präsidenten der Bruderschaft ist der katholisch-konservative Führer Josef Leu von Ebersol, der auch den Ruswiler Verein präsidiert.

Josef Leu von Ebersol

Josef Leu von Ebersol (1800-1845), Führungspersönlichkeit der katholisch-konservativen Bewegung.
Josef Leu, geboren im Jahre 1800 als Bauernsohn in Ebersol, Gemeinde Hohenrain, ist ab 1830 bis zu seinem Tod im Jahre 1845 die unbestrittene Führungspersönlichkeit der katholisch-konservativen Bewegung im Kanton Luzern. Der wohlhabende, fromme und charismatische Bauer leitet am 5. November 1840 die „Rössli“-Versammlung, in der die Ruswiler Erklärung verabschiedet wird, die 1841 zur konservativen Machtübernahme führt. Als romtreuer Katholik kämpft er resolut gegen die Kirchen- und Erziehungspolitik der Liberalen und ist die treibende Kraft hinter der Jesuitenberufung. Er ist oft Gast im „Rössli“ und gründet hier auch den Ruswiler Verein, die Vorgängerorganisation der heutigen CVP. Josef Leu schlägt nach dem konservativen Wahlsieg ein Regierungsamt aus und begnügt sich im Jahre 1841 mit dem Grossratspräsidium. 1845 wird er im Schlaf ermordet. Der Mörder wird schnell gefasst und hingerichtet.

Jakob Robert Steiger

Jakob Robert Steiger (1801-1862), Freischarenführer, Regierungsrat und Nationalratspräsident 1848.

Jakob Robert Steiger, Arzt in Büron und später in der Stadt Luzern ist in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts die energische Führungspersönlichkeit der Luzerner Liberalen. Sein Kampf für die Durchsetzung  liberaler Grundsätze, den er auch als Redaktor des „Eidgenossen“ kompromisslos führt, bringt ihn am 5. November 1840 auch ins „Rössli“, wo er mit er mit liberalen Gesinnungsfreunden die katholisch-konservative Zusammenkunft zu einer öffentlichen Versammlung im Freien umgestalten will. Als Anführer im 2. Freischarenzug wird er zum Tode verurteilt, kann jedoch mit Hilfe seiner Bewacher aus dem Ge- fängnis fliehen. Die politisch aufgeheizte Stimmung im Kanton Luzern findet weit über die Kantonsgrenzen Beachtung. Die Flucht Steigers wird sogar in der New York Times vermeldet. Jakob Robert Steiger, der schon in den 30er Jahren der Luzerner Regierung angehört, kehrt nach dem Sonderbundkrieg wieder in den Kanton Luzern zurück. Er arbeitet an der neuen Bundesverfassung mit und wird 1848 wieder in den Regierungsrat und in den ersten Nationalrat gewählt. Als Nationalratspräsident steht er der grossen Kammer im ersten Amtsjahr vor. Steiger stirbt 1862 im Alter von 61 Jahren. Vor  seinem Tode publiziert er noch ein Werk über die Flora des Kantons Luzern.

Erinnerungsblatt an Steigers Flucht

Erinnerungsblatt an Steigers Flucht aus dem Luzerner Gefängnis im Jahre 1845.
Die Verehrung, die der liberale Parteiführer Jakob Robert Steiger geniesst, veranschaulicht dieses Erinnerungsblatt aus dem Jahre 1845. Der Stich zeigt neben dem Porträt Jakob Robert Steigers den Politiker im Gefängnis, die trauernde und um Freilassung betende Familie, die Flucht und das Wiedersehen mit Frau und Kindern. Die Beschriftung stammt aus einem Gedicht, das der Politiker im Gefängnis schrieb. Ebenso festgehalten ist ein Passus aus den Lebensregeln, die Steiger im Gefängnis für seine Söhne verfasste: „Hast du ein bestimmtes Licht, so halte fest daran. Das darf dir niemand rauben. In dieser Beziehung hast du auch die Gewaltigen und Mächtigen nicht zu fürchten“. Jakob Robert Steiger geniesst als Arzt und Geburtshelfers namentlich auch bei den Frauen grosse Wertschätzung. Die Bittschrift gegen sein Todesurteil ist von rund 700 Frauen unterzeichnet. Diese Unterschriften werden jedoch, weil sie von damals noch politisch unmündigen Personen stammen, von der Regierung nicht anerkannt.

Der Ruswiler Verein

Der Ruswiler Verein, die Vorgängerorganisation der konservativen Partei und der CVP.
Die bei der Verfassungsabstimmung und den nachfolgenden Grossratswahlen erfolgreiche katholisch-konservative Bewegung bleibt mit Ruswil und dem „Rössli“ eng verknüpft. Das am 5. November 1840 in Zusammenhang mit der Ruswiler Erklärung gewählte Centralkomitee lädt auf den 20. April 1842 erneut nach Ruswil zu einem Jahresfest der denkwürdigen Ruswiler Versammlung ein. Und es gibt Grund zu feiern: Neben dem Grossen Rat befinden sich jetzt auch die Regierung, die Gerichte und alle wichtigen Beamtungen in katholisch-konservativer Hand. An der Versammlung dieses 20. Aprils 1842, die mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche beginnt und anschliessend im „Rössli“ fortdauert, wird „zum Dank an den Allmächtigen für die Rettung des Kantons vom ungläubigen Radikalismus“ eine ewige Jahrzeit gestiftet. Genehmigt werden gleichzeitig die Statuten des neuen Vereins, der sich in Anlehnung an den Versammlungsort Ruswiler Verein nennt. In den Statuten ist festgehalten, dass sich die Vereinsangehörigen jeweils am dritten Mittwoch im April in Ruswil versammeln. Beitreten kann dem Verein nur, wer sich zur Ruswiler Erklärung von 1840 bekennt und zudem auch Mitglied der Bruderschaft zur Belebung und Bewahrung des Glaubens ist oder wird. Der Ruswiler Verein gilt als Vorgängerorganisation der konservativen Partei und damit der heutigen CVP.

Die Freischarenzüge

Die Freischarenzüge 1844/45 – misslungene Versuche zum Sturz der Luzerner Regierung.
Nach der erfolglosen Vetobewegung gegen die Jesuitenberufung planen Luzerner Liberale mit Zuzug von Gleichgesinnten aus andern Kantonen den Sturz der katholisch-konservativen Luzerner Regierung. Der erste Freischarenzug vom 8. Dezember 1844, so genannt weil es sich um einen militärischen Freiwilligenverband ohne behördlichen Auftrag handelt, verläuft unkoordiniert und endet kläglich. Beim zweiten Angriff in der Nacht vom 30. März auf den 31. März 1845 führt ein versehentlich abgegebener Schuss unter den ungeordneten und verunsicherten Freischärlern zu einer panikartigen Flucht. Die Abbildung zeigt das Gefecht bei Malters, wo ein Freischarentrupp in einen Hinterhalt gerät. Vor dem Gasthaus Klösterli fallen 28 Freischärler und über 400 geraten in Gefangenschaft. Bei den Freischarenzügen kommen über 120 zum überwiegenden Teil Freischärler ums Leben. Die Luzerner Regierung macht rund 2000 Gefangene. Über 700 Luzerner werden zu Gefängnisstrafen verurteilt, die Freischärler aus anderen Kantonen werden gegen hohe Lösegeldzahlungen freigelassen. Berühmtester Gefangener ist der liberale Wortführer Jakob Robert Steiger, der zum Tode verurteilt wird, dann aber fliehen kann.

Ludwig von Sonnenberg

Ludwig von Sonnenberg (1782-1850), Befehlshaber der Luzerner Truppen gegen die Freischaren.
General Ludwig von Sonnenberg befehligt die Luzerner Truppen gegen die Freischaren 1844 und 1845. Der Oberbefehlshaber der Luzerner Truppen ist bei diesem Einsatz bereits 66jährig und hat eine grosse militärische Karriere hinter sich. In seinen Diensten für Frankreich, Spanien und Neapel hat er es bis zum Feldmarschall gebracht. 1814 ist er am Sturz der Luzerner Mediationsregierung beteiligt und fungiert in der Restaurationszeit als Gross- und Kleinrat . Nach den Freischarenzügen veröffentlicht er einen ausführlichen Bericht über die beiden Waffengänge. Er beziffert die Toten bei den Regierungstruppen auf 8. Über die Toten auf Seiten der Freischaren liefert sein Bericht noch keine genauen Zahlenangaben, da noch fortwährend Leichname in der Emme und in den Wäldern gefunden würden. Nach den Freischarenzügen wird Luwig von Sonnenberg Mitglied der katholisch-konservativen Luzerner Regierung und wird nach dem Sonderbundskrieg im Jahre 1847 als einer der nicht geflüchteten Sonderbundsregierungsräte verhaftet. Er verbringt mehrere Monate in eidgenössischer Gefangenschaft und stirbt 1850 in Luzern.

Erinnerungsblatt an die Ermordung Josef Leus

Erinnerungsblatt an die Ermordung Josef Leus im Jahre 1845.
Im Sommer 1845 erregt eine Mordtat in der ganzen Eidgenossenschaft Aufsehen. In der Nacht vom 19. auf den 20. Juli wird Josef Leu von Ebersol, der Präsident des Ruswiler Vereins, Gründer und Führer der katholisch-konservativen Bewegung im Bette ermordet. In der regierungsrätlichen Proklamation steht: „Das Vaterland hat an ihm einer seiner edelsten Bürger und besten Familienväter , der Staat seinen treuesten und gewissenhaften Beamten, die heilige Kirche einer ihrer frömmsten und tugendreichen Söhne, das ganze Volk des Kantons Luzern einen allverehrten Vater und Bruder verloren.“ An der Beerdigung in Hochdorf nehmen 10‘000 Personen teil. Der ruchlose Täter, Jakob Müller vom Stechenrain, ist schnell gefasst. Er wird zum Tode verurteilt und hingerichtet. Im Zuge der Ermittlungen werden prominente Liberale der Anstiftung bezichtigt. Ob es tatsächlich Hintermänner gab, kann nicht bewiesen werden. Das hier reproduzierte Gedenkblatt erinnert in vielen Luzerner Haushalten noch Jahrzehnte später an die ruchlose Tat.

Konstantin Siegwart-Müller

Konstantin Siegwart-Müller (1801-1869), Luzerner Regierungsrat und Initiant des Sonderbundes.
Konstantin Siegwart-Müller, in Seelisberg aufgewachsen, siedelt 1832 als 31-Jähriger nach Luzern über, wo er zunächst als Rechtsanwalt und Redaktor arbeitet. Als feuriger Anhänger des Liberalismus bringt er es unter der liberalen Regierung der 1830er Jahre bis zum Staatsschreiber. 1839 bricht er mit den Liberalen und schliesst sich der katholisch-konservativen Bewegung an. Er übernimmt nach dem Tode von Josef Leu das Präsidium des Ruswiler Vereins, ist bei allen wichtigen Versammlungen im „Rössli“ dabei und gibt fortan den Weg der Katholisch-Konservativen vor. Er wird Regierungsrat, mehrmals Schultheiss und vertritt den Stand Luzern an der eidgenössischen Tagsatzung. Als Initiant und Kriegsrat des Sonderbundes spielt er eine entscheidende Rolle im Sonderbundskrieg, bei dem er vergeblich auf die Unterstützung der europäischen Mächte hofft. Nach dem verlorenen Krieg flieht er mit der Luzerner Regierung und der Kriegskasse nach Mailand. Die neue liberale Luzerner Regierung lässt ihn steckbrieflich suchen und verwehrt ihm eine Rückkehr in den Kanton. Konstantin Siegwart-Müller verlebt seine letzten Jahre im Kanton Uri, wo er seine Sicht der Sonderbundszeit in Buchform veröffentlicht und 1857 stirbt.

Luzerner Regierungsvertreter

Luzerner Regierungsvertreter unterbreiten 1842 dem Papst die neue Luzerner Verfassung.
Die am 5. November 1840 hier im „Rössli“ zu Papier gebrachten politischen Forderungen werden 1841 in der neuen katholisch-konservativen Luzerner Verfassung verwirklicht. So wird insbesondere die Einheit von Staats- und Kirchenvolk festgelegt, die Stellung der katholischen Kirche gegenüber dem Staat gestärkt und der Kirche ein umfassender Einfluss auf das Erziehungswesen gewährleistet. Die Verfassung wird ins Lateinische übersetzt und Papst Gregor XVI. unterbreitet. Von reformierter und liberaler Seite wird dieser Akt mit Häme bedacht. Die Karikatur von Martin Disteli zeigt einen Luzerner Regierungsvertreter und einen Luzerner Kleriker bei der unterwürfigen Übergabe der Verfassung in Rom. Der Papst ist jedoch von der Luzerner Verfassung nicht begeistert. Er findet, die kirchliche Gewalt sei darin noch zu sehr durch den Staat beschränkt.

Guillaume Henri Dufour

Guillaume Henri Dufour (1787-1875), General der eidgenössischen Truppen im Sonderbundskrieg.
Am 24. Oktober 1847 ernennt die eidgenössische Tagsatzung Guillaume Henri Dufour zum General der eidgenössischen Truppen, die den katholisch-konservativen Sonderbund mit militärischer Gewalt auflösen sollen. Der in Genf lebende Bauingenieur und Kartograf ist bei der Ernennung 60jährig und Chef der Generalstabsabteilung. Der auf politischen Ausgleich bedachte Dufour fordert von seinen Truppen die Einhaltung humanitärer Grundsätze bei den Kampfhandlungen, „den Besiegten ohne Rachegefühle zu begegnen, keine unnötigen Zerstörungen vorzunehmen und die Schweizerfahne nicht mit Beleidigungen zu beflecken.“ Dank seinem bedachtsamen Vorgehen fordert der letzte eidgenössische Bürgerkrieg vergleichsweise wenig Tote und schafft die Grundlage für eine spätere Versöhnung der Gegner. Dufour erhält auch nach 1848 noch mehrere Male den Oberbefehl über die Schweizer Armee, als Übergriffe auf die Schweiz drohen. Er wird Mitglied des Nationalrats und anschliessend des Ständerats und wirkt 1863 bei der Gründung des Roten Kreuzes mit. Mit seinem Namen verbunden ist die Dufour-Karte, die von ihm erstellte topografische Karte der Schweiz.

Johann Ulrich von Salis-Soglio

Johann Ulrich von Salis-Soglio (1790-1874), General der katholisch-konservativen Truppen im Sonderbundskrieg.
Johann Ulrich von Salis-Soglio leitet im Sonderbundskrieg 1847 die katholisch-konservativen Truppen und ist damit direkter Gegenspieler von Dufour, dem General des eidgenössischen Heeres. Von Salis-Soglio entstammt einem reformierten Bündner Adelsgeschlecht, ist als Offizier in fremden Diensten gestanden und gehört danach als Oberst dem eidgenössischen Generalstab an. Nach der Niederlage der Sonderbundstruppen bei Gisikon am 23. November 1847, wo er leicht verletzt wird, führt er die Sonderbundstruppen nach Luzern. Die Kapitulationsverhandlungen, zu denen er vom konservativen Kriegsrat ermächtigt wird, führt er jedoch nicht mehr. Er flieht ins italienische Exil, kehrt aber schon bald nach Chur zurück, wo er 1874 84jährig stirbt.

Die Schlacht bei Gisikon 1847

Die Schlacht bei Gisikon 1847 – das blutigste Gefecht des Sonderbundskrieges.
Die Schlacht bei Gisikon vom 23. November 1847 – das Bild zeigt einen Angriff der eidgenössischen Truppen – ist das längste und auch blutigste Gefecht des nur rund 20 Tage dauernden Sonderbundskriegs. Die kriegerischen Auseinandersetzungen beginnen mit erfolglosen Vorstössen der Sonderbundstruppen ins Tessin und ins Freiamt. Danach ist der Vormarsch der eidgenössischen Truppen nicht mehr aufzuhalten. Freiburg ergibt sich am 14. November ohne Kampfhandlungen, Zug unterzeichnet am 21. November eine Kapitulationsurkunde, als sich die eidgenössischen Truppen Luzern nähern. Am 23. November beenden die Gefechte in Gisikon und Meierskappel den letzten Bürgerkrieg der Schweiz. Das Gefecht in Gisikon kostet rund 50 Tote und über 100 Verletzte. Obwohl die Verluste der eidgenössischen Truppen grösser sind, endet die kriegerische Auseinandersetzung mit der Niederlage der Sonderbundstruppen. Als die Kunde in Luzern eintrifft, entschliesst sich der Grossteil der Luzerner Sonderbundsregierung zur Flucht. Die eidgenössischen Truppen ziehen anderntags kampflos in Luzern ein.

Pressefreiheit

Die eingeschränkte Pressefreiheit als Druckmittel der Machthaber.
Im Jahre 1842 wird von der katholisch-konservativen Regierung ein neues Pressegesetz geschaffen, das mit dehnbaren Begriffen Kritik an Staat und Kirche unter Strafe stellt. Der Erlass richtet sich gegen die äusserst angriffigen liberalen Medien. Das Gesetz übersteht das von den Liberalen angestrengte Veto und die Gesetzeshüter können nun gegen Leute vorgehen, welche die Staatsverfassung, die Gesetze und Regierungsverordnungen herabwürdigen oder die Obrigkeit verächtlich machen. Auch die Wirte werden für Meinungsäusserungen in ihren Gasthäusern verantwortlich gemacht. Gestützt auf das Gesetz werden praktisch alle liberalen Zeitungen verboten. Als die Liberalen wieder an die Macht kommen, wenden auch sie zunächst das bestehende konservative Pressegesetz als willkommenes Instrument gegen die Konservativen an.

Die Berufung der Jesuiten 1844

Die Berufung der Jesuiten 1844 – Die Spannungen zwischen Konservativen und Liberalen verschärfen sich.
Am 24, Oktober 1844 erreicht Josef Leu, der Präsident des Ruswiler Vereins sein politisches Hauptziel: Der Grosse Rat genehmigt den von ihm mit dem Ordensgeneral der Jesuiten ausgehandelten Vertrag über die die Übergabe der höheren Lehranstalt in Luzern. Der Entscheid wird in grossen Teilen der Schweiz als Provokation empfunden. Denn die Jesuiten sind für Reformierte und liberale Katholiken ein rotes Tuch. Sie gelten als Verkörperung der Gegenreformation und als Gegner des republikanischen Staates. In zahlreichen Karikaturen werden sie verspottet. Hier wird der Einzug der Jesuiten In Luzern parodiert. Im Kanton Luzern kommt es nach einem erfolglosen Veto gegen den Entscheid der Jesuitenberufung zu den Freischarenzügen gegen die Regierung. Schon vor der Berufung nach Luzern wird an der eidgenössischen Tagsatzung die Ausweisung der Jesuiten gefordert, weil ihnen die Hauptverantwortung an den Walliser Maiwirren angelastet wird.Die Jesuiten werden nach dem Sonderbundskrieg, für den sie mitverantwortlich gemacht werden, des Landes verwiesen und in der neuen Bundesverfassung wird ein Jesuitenverbot verankert. Erst im Jahr 1973 wird dieser Verfassungsartikel aufgehoben.

Der Sonderbund 1845

Der Sonderbund 1845 – die katholisch-konservativen Kantone formieren sich.
Am 11. Dezember 1845 schliessen sich in Luzern die katholisch-konservativen Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis zum zunächst geheim gehaltenen Sonderbund zusammen. Der als Schutzvereinigung deklarierte Bund bezweckt die Wahrung der katholischen Religion und der Kantonssouveränität und richtete sich gegen die protestantischen und liberalen Kräfte, die einen Bundesstaat anstreben. Der Sonderbund wird von einem Kriegsrat aus Vertretern der beteiligten Kantone geleitet Als Präsident des Kriegsrats wird der Luzerner Regierungsrat Konstantin Siegwart-Müller bestimmt, der zu dieser Zeit auch den Ruswiler Verein präsidiert. Nachdem Vermittlungsversuche gescheitert sind, beschliesst die liberale Tagsatzungsmehrheit am 4. November 1847 den Sonderbund mit militärischer Gewalt aufzulösen.

Tagsatzung vom 24. Oktober 1847

Tagsatzung vom 24. Oktober 1847 – Die Vermittlungsversuche scheitern.
An der Tagsatzung vom 24. Oktober 1847 scheitert der letzte Versuch der Basler die entzweiten Eidgenossen wieder zu versöhnen. Die Gegensätze zwischen Liberalen und Konservativen sind unüberbrückbar geworden. Zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung wird ein Truppenaufgebot von 50‘000 Mann bestellt und der Oberbefehl General Dufour übertragen. Das Bild zeigt die versammelten Tagsatzungsabgeordneten unter dem Vorsitz des Berners Ulrich Ochsenbein. Ochsenbein ist bei den konservativen Luzernern als Anführer des zweiten Freischarenzugs gegen die Luzerner Regierung in denkbar schlechter Erinnerung. Ochsenbein wird 1848 in den Bundesrat gewählt. 1854 ist er der erste Bundesrat, der die Wiederwahl nicht schafft.

Die Roten und die Schwarzen

Die Roten und die Schwarzen – ein Ergebnis der Verfassungsabstimmung im Jahre 1841.
Am 31. Januar 1841 können die Luzerner darüber abstimmen, ob sie eine von den Konservativen, auf Forderungen der „Rössli“-Versammlung gestützte Verfassungsrevision wollen oder nicht. Den Stimmenden werden zwei Abstimmungszettel zur Verfügung gestellt, die als Ursprung für die Roten – die Konservativen – und die Schwarzen – die Liberalen – im Kanton Luzern gelten. Die Stimmzettel sind mit einem roten Stempelaufdruck „Revision“ beziehungsweise mit einem schwarzen Aufdruck „Nichtrevision“ versehen. Die Farbwahl erleichterte den doch noch etlichen Leseunkundigen die Wahl. Die Einleitung der Verfassungsrevision wird mit grosser Mehrheit angenommen. Die Farbbezeichnung hält sich zumindest bei der älteren Generation bis heute.

Die Bundesverfassung 1848

Die Bundesverfassung 1848 – Schlussakt in einer langen politischen Auseinandersetzung.
Am 12. September 1848 wird die neue Bundesverfassung von der Mehrheit des Schweizervolkes angenommen. Aus dem lockeren Staatenbund wird ein Bundesstaat. Fortan gilt Presse- und Religionsfreiheit. Masse, Gewicht, Post und Zölle werden vereinheitlicht, die Handels- und Gewerbefreiheit eingeführt. Es wird ein Staat geschaffen, den die Katholisch-konservativen Aktivisten, die sieben Jahre zuvor hier im „Rössli“ zusammengekommen sind, nicht wollen. Die Mehrheit der ehemaligen Sonderbundskantone, insgesamt 6 1/2 Stände, lehnen denn auch die neue Verfassung ab. Die Unterlegenen des Sonderbundes werden dem neuen Bundesstaat noch Jahrzehnte ablehnend gegenüberstehen. Die gilt auch für die Mehrheit der Ruswiler, die in den ersten Jahrzehnten des neuen Bundesstaates jeweils zu den treuesten Neinsagern zählen, wenn Bundesvorlagen zur Abstimmung kommen. Und trotzdem hat der Einsatz der im „Rössli“ Versammelten Früchte getragen. Der Einheitsstaat wird nicht in dem von ihnen befürchteten Ausmass realisiert. Den Kantonen bleibt weit gehende Selbstbestimmung, so etwa beim heiklen Schulwesen. Das nach amerikanischem Vorbild gebildete Zweikammersystem unterstreicht die föderalistische Ausrichtung des neuen Staates.

Johann Koch

Johann Koch (1777-1857) –Politiker in beiden Lagern.
Die politisch bewegte erste Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmt die Lebensgeschichte einer Vielzahl der Luzerner. Dabei gibt es nicht nur „rote“ und „schwarze“ Lebensläufe, sondern auch etliche Frontwechsel. Ein Beispiel ist der Ruswiler Johann Koch vom Soppestig. Der 1777 geborene Landwirt und konservative Parteigänger ist schon während der Helvetik und Mediation in der Verwaltung tätig, wird in den Grossen Rat gewählt und fungiert als Bezirksrichter, ab 1841 sogar als Oberrichter. Johann Koch versagt jedoch Josef Leu in der Frage der Jesuitenberufung die Gefolgschaft und er ist auch einer der Oberrichter, die das Todesurteil gegen Jakob Robert Steiger ablehnen. In der Folge wird er aus allen kantonalen und kommunalen Ämtern entfernt. Als 1848 im Kanton Luzern wieder die Liberalen an die Macht kommen, schafft Johann Koch die Wiederwahl in das Kantonsparlament. Er sei 1845 „Opfer des damaligen Zeitgeistes“ geworden, vermerkte das „Tagblatt“ 1857 in seinem Nachruf.

Die Epoche der Restauration (1814-1830)

Die Epoche der Restauration (1814-1830) – Die demokratischen Kräfte formieren sich.
Nach dem Sturze Napoleons werden in verschiedenen Kantonen die alten, vorrevolutionären Herrschaftsverhältnisse wiedereingeführt. Im Kanton Luzern bringt sich das städtische Patriziat durch einen Putsch an die Macht und schränkt die politischen Rechte der Bürger wieder drastisch ein. In dieser als Restauration bezeichneten Epoche formieren sich zunehmend demokratisch orientierte Kräfte. Dabei kämpfen katholisch-konservative und liberale Aktivisten zunächst noch vereint für ihre politischen Ziele. Als Sammlungsbecken dient die Landwirtschaftlich-ökonomische Gesellschaft, die neben der Verbesserung der Agrarwirtschaft auch die Hebung der Bildung anstrebt. Als sich die Gesellschaft zunehmend liberalem Gedankengut zuneigt, treten die katholisch-konservativen Mitglieder mehrheitlich aus. Liberale und Katholisch-Konservative gehen fortan in gesellschaftspolitischen Anliegen, in Fragen des Verhältnisses von Staat und Kirche und auch in der Ausgestaltung der Staatsform getrennte Wege. Während die Liberalen für eine repräsentative Demokratie eintreten, machen sich die Konservativen für direktdemokratische Instrumente stark. Das Bild zeigt den Bundesvertrag vom 7. August 1815. Der Vertrag von 1815 macht aus der Eidgenossenschaft einen losen Staatenbund, der dann 1848 durch den modernen Bundesstaat abgelöst wird.

Die provisorische Luzerner Regierung

Die provisorische Luzerner Regierung verbietet am 9. Dezember 1847 den Ruswiler Verein.
Nach dem Sieg der eidgenössischen Armee über die Truppen des Sonderbundes bleibt der Kanton Luzern zunächst militärisch besetzt. In Luzern konstituiert sich der Stadtrat unter Beizug von weiteren liberalen Vertretern der Landschaft am 27. November 1847 als provisorische Regierung. Schon am 9. Dezember wird der Ruswiler Verein per Proklamation verboten. Begründet wird die Massnahme mit dem Verweis auf die Rolle, die der Verein bei der Entstehung des Sonderbundes spielte. Gegen die Verantwortlichen des Sonderbundes und damit auch gegen die Führungsmannschaft des Ruswiler Vereins werden administrative und finanzielle Massnahmen ergriffen. Die repressiven Vorkehrungen der Luzerner Liberalen haben insofern Erfolg, als bei der anschliessenden Grossratswahl nur wenige Konservative berücksichtigt werden. Das Verbot des Ruswiler Vereins kann jedoch die politischen Aktivitäten nicht unterbinden. Die Konservativen treffen sich heimlich zu ihren Versammlungen, vermeiden jedoch die jetzt diskreditierte Bezeichnung Ruswiler Verein. Schon bei den ersten Nationalratswahlen 1848 schafft einer ihrer Vertreter die Wahl und gut 20 Jahre später erringen die Konservativen im Kanton Luzern wieder die absolute Mehrheit.